Nieuwport bis Langemarck
Nachdem ich in Windeseile eingecheckt habe in meinem Bett & Breakfast in Langemarck, das Fahrrad abgesattelt hatte, habe ich mich nunwieder aufs Rad geschwungen und bin die 12 km nach Ypern geradelt.
Jeden abend 20 Uhr erklingt der "Last Post" (Trompeten-Fanfare) im Meeneport, dem großen Gedenkportal des British Empire gefolgt von einer Schweigeninute. Zu diesem Ritual kommen auch nach fast 100 Jahren noch hunderte von Menschen und stehen schweigend um das große Tor herum. Nach 5-10 Minuten geht man dann auseinander in dem Gefühl, einen wraentlichen Moment geteilt zu haben.
Ich musste mir diesen Moment haft erkämpfen: gegen heftigen Gegenwind auf dem Hinweg und dann Regen: aber ich war dabei!! Videos folgen noch, muss ich entsprechend aufarbeiten für youtube, wird sann verlinkt
Ypern selbst ist leider im Stadtzentrum aktuell eine Baustelle: das wunderschöne Rathaus zum großen Teil von Gerüsten verhüllt, der Bodenbelag bis zur Kathedrale aufgerissen und was auf dem Marktplatz sonst normal zu begehen wäre das war mit Schau+Fressbuden übersäht. Ein Volksfest der detben Sorte.
Ich hab Abend gegessen, etwas flaniert und dann nach Langemark durch die regnetische Nacht zurück geradelt. Ganz schön verrückt, dachte ich so bei mir...
Absolut leere Straßen, totenstille Felder: es war eine sehr stimmungsvolle Rückfahrt: und wieder dachte ich: heutzutage kann ich als Deutscher hier zwischen den Bunkern und Kratern einfach so langradeln...in diesem Bewusstsein war diese Nachttour etwas ganz besonderes für mich.
Was für ein erster Tag: ich bin voller Eindrücke.
Gute Nacht!
Auf dieser damaligen Karte sieht man den Angriffsverlauf und die Orte. Ich habe meinexRoute mit Pfeilen markiert, denn in Langemark werde ich heute übernachten, unweit des deutschen Soldatenfriedhofs. Zkm Langemsrk-Mythos habe ich bereits in der Projekt-Vorbereitung geschrieben. Langemark steht neben dieser Propagandalügexauch für den Gaskrieg.
Ich schaue mi h um währen ich durch die vieldn stillen Felder rafele, dann am Kanal vorbei und später nacv Langemsrck an unzähligrn Höfen vorbei. Zufriedene Vierbeiner allenthalben, ein immer noch strammer Wind beugt den Weizen, den Raps und die anderen Feldfrüchte. Hier wurde das Gas entfesselt..
Gegen 19h möchte ich in meiner Pension ankomnen, denn ich habe heute abend noch etwas vor...
Am 22. April 1914 begann nach heutiger Geschichtsschreibung offiziell die chemische Kriegsführung durch den 1. Einsatz von Kampf Gas durch die Deutsche Armee genau an diesem Ort wo ich jetzt stehe. Steht man vor dem "Versöhnungskreuz", blickt man auf die Felder wo sich das unheil ereignete, in meinem Rücken führt mittlerweile eine Landstraße entlang so dass man sich etwas Sammeln muss um jene Gedanken beisammen zu behalten.
Das Denkmal besteht aus einem riesigen Aluminium Kreuz recht schlicht gehalten, den beiden Flaggen von Frankreich und Belgien sowie einer Gedenktafel. Es trägt mittlerweile den Titel Versöhnungskreuz.
Mich interessiert die Geschichte dieses Versöhnungskreuzes beziehungsweise des Gedenkens an diesem Ort: Ein 1. Denkmal für den Giftgas Krieg entstand bereits Ende der 20er Jahre. Es zeigte einen Soldaten der sich im Todeskampf die Hände an den Hals hält. Von diesem denkmal existieren nur noch Fotos die Deutschen haben es 1941 während der Besatzungszeit zerstört.
Nach dem 2. Weltkrieg wiederum wurde dieses neue denkmal am selben Ort errichtet jetzt aber mit einer anderen Botschaft beziehungsweise einem anderen Ziel: Klang damals noch der moralisch-ethische Vorwurf an, Deutschland trage allein die Schuld und die ethische Last dieses Verbrechen in den Krieg eingeführt zu haben, so zielt das neue Denkmal auf eine gemeinsame Versöhnung nach den Verletzungen der vergangenen Taten. In der Tat war der moralische Ruf Deutschlands nach dem April 1914 vollständig ruiniert, nachdem Sie gerade völkerrechtswidrig Belgien annektiert hatten und jetzt auch noch gegen die Haager Konvention verstießen. Fakt ist allerdings ebenso und wahr, dass die Alliierten ebenso mit Kampfgasen experimentierten und nach dem April 19 14 direkt damit begannen Sie ebenfalls einzusetzen.
Diesem Umstand trägt auch die neue Gedenk Form hier Rechnung. Und das ist gut so.
Die Tür die die hier in Steenstrate aufgestoßem wurde hat niemand mehr geschlossen. Der Gaskrieg
Erster Giftgas-Angriff
Ich fahre an der Yser südwärts und muss heftig mit dem Wind kämpfen, der mir ausgerechnet von vorn den Antritt schwer macht. So fühlt sich die beinahe ebene Strecke fast wie ein Berg an.
Ich bin unterwegs zu dem Ort des ersten Gasangriffs vor Ypern. Hierzu gibt es klare Dokumente und auch ein Mahnmal bei Zuidschote, das ich zuerst ansteuere. Der Angriff ging von deutscher Seite aus und hatte fatale Wirkung. In Folge haben alle Seiten Gas eingesetzt, wenn auch Deutschland die ethische Hauptschuld zu tragen hatte.
Der Yserturm ist weithin zu erkennen, klotzig und architektonisch sicher keiner tiefschürfemden Erklärungen bedürftig: hier ist das Schlüsselwort: PAX, Frieden , wie auch über dem Portal des Tores zu lesen ist. Das Museum legt großen Wert auf die Betrachtung def Vergangenheit im Hinblick auf die Zukunft und den Frieden. Gut so!
Ich mache mich auf den Weg nach Ypern.
Nachmittags in Diksmuide
Das Rathaus und auch die Kirche wirken spontan sehr geschlossen und harmonisch, der Platz ist sicher auch hübsch, sa aber gerade Marktbuden, Flatterbänder und Krachbuden aufgestellt sind, ist ddr Charakter eher geschäftig.
Der Ort wR tatsächlich im Krieg dem Erdboden gleich gemacht worden. Alles musste wieder aufgebaut werden. Das deutsche Fern- Bonbardement war bereits ähnlich zerstörerisch wie die späteren Bonben aus der Luft.
Die Fotos auf dem Marktplatz lassen da keinen Zweifel.
Ich schlendere umher, studiere die Fietsrouten beim TouristOffice und schaue mir die BacksteinKirche genauer an. Diksmuide hat Charme, auch durch den Yserhafen und die scjnellen Wege aufs Feld. Kleine schöne Stadt, die so fürchterlich zerstört wurde....
Totengang- bei Diksmuide
Nachdem ich der Frontstrade schnurgerade bis vor Diksmuide gefolgt bin- bei wirklich schöner Weitsicht, am Rand diverse Überreste von Schützenbunkern, ging es links raus zur vordersten Stellung der Belgier, dem "Dodengang", ein etwa 100m langes Grabensystem damals mit Sandsäcken aufgestapelt bis auf 10m an die deutschen Bunker reichte und Schauplatz grausamer Gefechte war. Hier versuchten die belgischen Truppen die deutschen Geschützstellungen auszuschalten, die erhöht auf Öltanks eine verheerende Reichweite und Kontrolle hatten.
Mir wird klar, dass die Belgier hierxauf den letzten verbliebenen 20km ihres Landes verzeifelt gekämpft haben, ich bin von Nieupoort hier runter auf der Front geradelt: ohne die Flutung des Gebietes wäre Belgien wohl verloren gewesen, wer die Wasserwege kontrolliert hat den entscheidenden Vorteil. Ansonsten: alles flaches, kaum strategisch zu verteidigendes Land.
Was der Krieg innerhalb weniger Wochen aus dieser idyllischen Landschaft gemacht hat, konnte ich auf Fotografien im Totengang-Museum sehen....unfassbar.
Der Totengang war eine Nadelspitze für die deutschen Front , und es ist beeindruckend den teilweise erhaltenen und rekonstruierten Graben an der Yser durchlaufen zu können. Ein bedeutender Ort des belgischen Widerstandsbewusstsein.
An dieser Stelle kann man das komplette Kanal und Flusssystem der Region regulieren: durch die Schleusen die sternförmig die Yser- Mündung speisen wurde das gesamte Frontgebiet systematisch unter Wasser gesetzt. Dies zählt zum großen nationalen Gedenken der belgischen Soldaten im Abwehrkampf gegen die Deutsche Armee. Die Schlacht an der Yser war damit natürlich nicht beendet, davon zeugen hier noch viele Stellungen der Front die ich gleich abfahren werde, unter anderem der belgische Militärfriedhof RamsKapelle, wo sich auch diese bemerkenswerte Gruppe von 3 feindlichen Soldaten befindet, die an das Ereignis Weihnachten 1914 erinnert, wo es zu einer sogenannten "Verbrüderung" kam im Scheine der Weihnachtsbaumkerzen - trotz anders lautender Befehle: eine Vorstellung die noch heute für Gänsehaut bei mir sorgt. Diesen Soldaten wäre ich gern begegnet!
For the Fallen
With proud thanksgiving, a mother for her children,England mourns for her dead across the sea.Poem by Robert Laurence Binyon (1869-1943), published in The Times newspaper on 21
September 1914.
Flesh of her flesh they were, spirit of her spirit,
Fallen in the cause of the free.
Solemn the drums thrill: Death august and royal
Sings sorrow up into immortal spheres.
There is music in the midst of desolation
And a glory that shines upon our tears.
They went with songs to the battle, they were young,
Straight of limb, true of eye, steady and aglow.
They were staunch to the end against odds uncounted,
They fell with their faces to the foe.
They shall grow not old, as we that are left grow old:
Age shall not weary them, nor the years condemn.
At the going down of the sun and in the morning
We will remember them.
They mingle not with their laughing comrades again;
They sit no more at familiar tables of home;
They have no lot in our labour of the day-time;
They sleep beyond England's foam.
But where our desires are and our hopes profound,
Felt as a well-spring that is hidden from sight,
To the innermost heart of their own land they are known
As the stars are known to the Night;
As the stars that shall be bright when we are dust,
Moving in marches upon the heavenly plain,
As the stars that are starry in the time of our darkness,
To the end, to the end, they remain.
11.00 Nieuwport
Ich erreiche Nieuwport nach einer 20 km Deichradrour mit traumhaften Seeblick, etwas Nieselregen und spürbarem Wind.
Hier in Nieuwport treffe ich auf das monumentale Denkmal, das die Belgier ihrem damaligen König Albert gesetzt haben.
Davor das erste englische Gefallenen-Denkmal für die britischen Soldaten des Expeditonskorps, die bei der Schlacht gegen das deutsche 3.Reserve-Korps (siehe Ausführungen im gestrigen Blog) um Antwerpen und beim Rückzug danach im September 1914 gefallen sind.
Einzelne Besucher umrunden die Gefallenen-Listen nach Armee-Einheiten als suchten sie einen der Namen. Allzu viele Namen sind und bleiben aber in diesem Krieg unbekannt.
Was für ein Schönes weites Land dieses Flandern, mit saftigen grünen Wiesen, gut gefüllten Kanälen, der Yser mitten hindurch und überall grasen Kühe, Pferde, Schafe. Ich konzentriere mich auf das unbeschwerte Fahrrad fahren, die frische Luft den weiten Blick ebenso wie auf die relativ konträren Eindrücke der vergangenen Greuel der Zerstörung und der ehemaligen Front: Es ist ein ambivalentes Erlebnis, ständig umgeben zu sein von Mahnmalen einer Vergangenheit, die uns anfleht nicht zu vergessen was hier vor 4 Generationen geschah, und das inmitten einer so heilen Welt.
Heute radele ich als deutscher Tourist friedlich hindurch, wo deutsche Geschütze um der Eroberung willen alles niedermähten. Ich bin wirklich jeden km den ich hier fahre dankbar, dass meine Generation europäischen Frieden als Normalität kenne gelernt hat: die unzähligen Friedhöfe kennen noch eine andere Zeit.
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