Etappe 4: Turckheim - St.Amarin
Nach 3 Tagen habe ich ein Viertel der Tour-Kilometer zurück gelegt. Das Departement Bas-Rhin habe ich durchquert und bin jetzt in Haut-Rhin an der südlichen Weinstraße des Elsass angekommen. Der erste Regentag liegt hinter mir und die Temperaturen sind bislang bei durchschnittlich 16°, also völlig ok.
Das Wetter scheint nun durchwachsen zu bleiben und heute fahre ich in höhere Lagen im Thann-Tal, au h stehen heute über 70 km auf dem Plan: ich bin gespannt wie meine Kondition mitspielt.
Ich freue mich sehr auf die nächsten Städtchen, von denen ich einige schon kenne, wie z.B. Eguisheim, Gueberschwihr oder Rouffach.
Regensachen behalte ich mal an....
In der Stadtmauer zu übernachten hat was: ich habe gut geschlafen und die sehr traditionelle Unterkunft war gemütlich: nette Besitzerin mit gutmütig Rottweiler. Das Frühstück im Weinkeller sehr urig und liebevoll. Auf geht's....
Eguisheim
Ein absolutes Muss im Elsass, wer einmal eine mittelalterliche Bilderbuch Stadt im super renovierten Zustand als Ville Fleurie erleben will: Eguisheim. Und exzellenten Wein gibt's natürlich auch hier reichlich. (Elsässischer Export-Schlager)
Das Besondere ist die kreisrunde/ovale Stadtform mit Uhren verwunschenen engen Kopfsteinplaster Gassen. Einfach das Flanieren und Gucken macht Spaß! Und dannkommt auch noch der einzige Elsässische Papst hierher! Der Palast seiner Familie sowie seine Kapelle thronen im Kern der Stadt. Leo der 9. (Hl.) lebte in der ersten Hälfte des 11.Jh.s (Generation vor den Kreuzzügen) und war zuvor Bischof von Toul: dort hin gelange ich übrigens in 2 Tagen!
Gueberschwihr
Mit diesem besonderen Städtchen am Vogesenhang verbindet mich eine interessante Geschichte: noch bevor ich das erste Mal ins Elsass fuhr, i h muss noch Schüler gewesen sein lief im Fernsehen ein 4-Teiler "Die Elsässer",eine deutsch-französische Koproduktion ("Les deux Mathildes")
Der Film ist in weiten Teilen in Gueberschwihr gedreht worden, mit der damaligen Bevölkerung. Die tragische Geschichte des Elsass zwischen 1870 und 1954 hat mich damals , so erinnere ich mich heute noch, sehr berührt.
Ich habe die 4 Episoden hier mal verlinkt: nach wie vor eine gute Verfilmung mit rotem Faden zum Elsass! Die Bilder der Kirche, des Platzes, der Schule, all diese Eindrücke blieben mir lange haften. Nachdem ich Jahrzehnte später als Lehrer das Thema in einer Projektwoche aufgrund und die Filme zur Veranschaulichung nutze war der Entschluss gefasst, dass ich mir den Ort mal genauer anschauen muss. Das habe ich inzwischen mehrfach getan und bin heute gern wieder hier und genieße das Flair.
Die Kirche ist saniert und ich nutze den herrlichen leeren Raum für einen soloGesang zu Ostern...
Rouffach ist etwas wie seine gothische Basilika: tolle Grundfesten,großer Entwurf, aber stecken geblieben mit wenig Charisma. Ein Turm ist fertig gestellt, beim Portal sind alle Skulpturen weg, einige wirklich beeindruckende Wasssrspucker undxeine ansehnliche Uhr, aber um dieses Bauwerk herum stelltcduexStadtceinem hässlichen Parkplatz, es gibt keine Sitzmöglichkeiten: ...So ähnlich kommt es mir auch im Rest der an sich schönen Stadt vor: leichte Achtlosigkeit, teils wenig erschlossenes Potential im Stadtbild. Aber vielleicht vergleiche ich da auch ungerecht mutcden hinter mir liegenden Perlen der Dekapolis....
Ich beschließe jedenfalls kurzerhand mir einen Döner zu kaufen, da ich erst 1/3 der Etappe zurückgelegt habe und einige Steigungen warten...
Das Wetter war bisher mild wenn au h wolkig, jetzt kommt gelegentlich die Sonne raus....
Je weiter ich nach Süden gelange desto mehr zeigen sich die Gipfel: plötzlich radele ich auf den Grand Ballon zu, den ich 2019 mit Meike zu Fuß bestiegen habe . Noch in der Ferne aber die Konturen sind klar..
Panne
In Issenheim versagt die Schaltung, der Umwerfer ermöglicht mir nur noch kleine Gänge, es fängt an zu surren und ich mache einen Stop an der Brücke in der Dörfmitte um nachzusehen.
Der Zug ist hinüber und ich brauche eine Werkstatt, die ich zum Glück nicht weit entfernt in Guebwiller erreiche.
Das allein ist ja schon praktisch, aber zu meiner absoluten Begeisterung erwische ich einen netten Kollege, der sich sofort die Zeit nimmt und mir einen neuen Zug einzieht, einstellt und die Kette ölt. Bremse auch gleich noch gecheckt als ich ihm sage, dass ich über den Col de Bussang will....ein echt netter Plausch, auch mein Wasser fülle ich hier auf, im "Maison du velo". Ein Tip für alle die hier mal vorbeiradeln ;-)
Hartmannswillerkopf
Ich radele um den "Menschenfresserberg" herum der sich vor dem Molkenrain schiebt. Hier unten kann man die strategische Bedeutung erahnen, warum jahrelang 1914-1918 gekämpft wurde. Auf meiner Strecke liegen zwei Soldatenfriedhöfe unterhalb des Berges, wo Gefallene des 1.WK ruhen: ein Deutscher in Cernay und ein französischer in Moosch...
Dabei fahre ich ins Tal der Thur an Thann vorbei und wende meine Route erstmals nach Westen ..
In Cernay wurde ein Sammelfriedhof für deutsche Gefallene angelegt, auf dem über 7000 von 1914/18 ruhen, dazu kommen noch über 1000 Soldaten von 1939/45.
Die meisten der Soldaten haben am Hartmannsweiler und auf dem Vogesenkamm gekämpft und wurden von zahlreichen improvisierten Friedhöfen später hierhin überführt.
Es ist damit einer der größten im Elsass. (Am Barrenkopf und im Münstertal war ich bereits)
Ich wende mich nach Westen, verlasse den EuroVelo5 und radele entlang der Thur ins Tal nach Viex Thann.
Sogleich erheben sich die Hänge neben mir und die wilde Thur rauscht an mir vorüber. Nun fahre ich in die Vogesen hinein nachdem ich lang an ihrer Seite entlang geradelt bin.
Vieux Thann + St.Thiébaut
Diese Wallfahrtskirche ist sensationell! In prächtigstem gotischen Stil überragt sie ein spitzer Turm einer Kathedrale würdig, aber wenn man vor dem Portal steht verschlägt es einem den Atem: hunderte Skulpturen wie ein gigantischer mittelalterlicher Comic blicken auf einen hinunter, so liebevoll detailliert, so kunstvoll, daß man sich sofort setzen mag um zu schauen.
Was für ein Kunstwerk!
Der Grunriss des "Collegiate" ist eher klein, aber der Schmuck kann es mit den größten Kathedralen aufnehmen! Der Hl.Theobald wurde hier verehrt und muss unglaublich berühmt gewesen sein....
Auf dieser Seite kämpften die Franzosen und in Moosch liegen Soldaten, die am Hartmannswillerkopf gekämpft haben. Ein stiller Ort, eine schöne Anlage, die wie von einer Tribüne ins Tal zu den Lebenden blickt....
Gegen 19.40h treffe ich nach einem letzten Anstieg in St.Amarin ein. Ziemlich erschöpft nach 78 km und über 700 Höhenmetern, die i h heute zurückgelegt habe. Die Beine haben mitgemacht und mein Quartier liegt wunderschön über dem Tal mit Ausblick auf die Vogesen....
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