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Oberschlesien: St.Annaberg bis Gleiwitz

Montag

St.Annaberg
St.Annaberg
Basilika
Basilika

Im Hotel Alba, wo ich übernachtet habe, konnte ich beim Frühstück mit Blick zur Basilika mit dem Wirt etwas plaudern. Er sprach recht gut deutsch und hat auch vor einiger Zeit in Deutschland gearbeitet. 

Neben dem Berg und seinem Steinbruch, die Geschichte und das Radfahren sprachen wir auch über Europa und die gerade laufenden Kommunalwahlen. Er sieht das recht schonungslos und zeichnete mir ein Bild eines in weiten Teilen korrupten polnischen Establishments, das Europagelder gern nehme um damit seine Wähler zu kaufen. Er habe resigniert aber die junge Generation habe da andere Ziele.Spannend fand ich auch, dass er im heutigen Polen die historischen Regionen noch mit verschiedenen Mentalitätenverknüpft (Russland, Österreich, Preussen). Da unterscheidet sich ja die polnische von der deutschen Staatwerdung sehr...

Solch interessante Gespräche motivierten mich dann stark zur Spurensuche....

Der heilige Berg Schlesiens. Auf 400mHöhe eines ehemaligen.Vulkanbergs entstand früh ein Kloster, später eine Wallfahrtskirche und seit der Zeit sind hier Franziskaner. Am Jakobsweg gelegen wird die die Oma von Jesus, die hl.Anna verehrt. Mehr als dieses katholische Zentrum wurde aus dem Annaberg ein patriotischer Schlesier-Berg. Korfanty versuchte hier schlesisches Gebiet trotz Abstimmungsniederlage 1922 durch Aufstand zu erobern, auf der anderen Seite kämpften Dt.Brigaden . Dieser tragische Abschnitt wurde dann zum Mahnmal aus Stein. Die Nazis "weihten" den Ort mit ihrer Ideologie und hinterließen den Schlesiern eine geteilte Erinnerung. Ein neues Denkmal für die Aufständischen thront über der gigantischen Anlage. Ein typischer Massenort , der noch heute in Bann zieht




Nach Oberschlesien

Nach einer entspannten Mittagspause hab ich dann gesattelt und bin bei strahlendem Wetter gestartet: wieder ein Sommertag, der eigentlich kalt und unfreundlich hätte sein können. Die Abfahrt vom Berg: ein Traum....weiter Blick bis zu den Mittelgebirgen (Altvater, Riesen) und einfach rollen....

Vorbei an den Kalvarien-Statuknen, die mit Kapellen einen langen Weg zum Berg hoch gestalten. In Leschnitz muss ich die frustrierend Erfahrung machen, dass weder Sklep, noch Supermarkt, und auch nicht die Apotheke Sonnencreme vorrätig hat. ..

Ich ziehe also mein Halstuch hoch und trete in die Pedale....April....tsss.

(Letzten August bin ich bei solchen Temperaturen über die Alpen geradelt...)

Der erste Abschnitt bringt mich an die Klodnitz und den daneben verlaufenden Gleiwitz-Kanal, die ...eine industrielle Logistikader Oberschlesiens. Außerdem der Ort zahlloser Fabrik-Einleitungen, die nachweislich das Fischsterben in der Oder provoziert haben (extrem hoher Salzgehalt in Wechselwirkung mit der Goldalge). In dieser Angelegenheit hat sich übrigens wenig geändert glaubt man letzten Berichten. 

Hier also, in Oberschlesien, sitzt die Bergbau- und Chemieindustrie. Ich kann die Schlote sehen, die Anlagen und die Kanal-zugänge. Trotz grüner Strecken rieche ich förmlich die Industrie, misstraue den Wässern am Wegesrand der Baggerseen und im Wald. Was man erst mal im Kopf hat....

Der Gleiwitzkanal hat natürlich auch schöne Abschnitte: so etwa das Schloss Plawniowitz der preußischen Herren von Ballestrem. Nachdem diese 1945 fliehen mussten, kam das Traumanwesen in den Besitz der Kirche. Eine märchenhafte Anlage mit weiten Gärten und daneben fließt der Kanal ruhig dahin. Ich musste einfach die Drohne zücken...

So war die Tour heute etwas wechselhaft entlang des Kanals, der mich schließlich nach Gleiwitz führte.  Spuren der Vergangenheit waren noch das Marienkreuz von 1910 mit deutschem Gemeindenanen (Niesdrowitz) und die abgeschlagene Beschriftung des "Hubertushofes", die an der Ruine durchscheint... Kleine aber bewegende Monente in dem Bewusstsein anderer Zeiten und Umstände . Am Schlossportal prangt übrigens erstaunlich selbstbewusst eine große Gedenktafel "Unseren Gefallenen Helden von 1914-1918" Das hat wohl die Kirche behütet, da au h die Namen der Soldaten eingemeißelt sind. Absolut selten, dass man sowas hier noch so erhalten findet.

In Gleiwitz endet der Kanal in einem großen Logistik-Beladebecken. Von hier aus radele ich in die Stadt an der Klodnitz entlang, die den Wasserweg speist. 

Und hier in Gleiwitz schließt sich ein Kreis: ich wuchsen einer "Beuthener" und einer "Gleiwitzer Straße" auf und hatte nie keinen Bezug. In der Schule tauchte dann irgendwann die Geschichte vom Sender und dem fingierten Überfall zu Beginn des 2.Weltkrieges auf. . .


Ausblick und Aufbruch
Ausblick und Aufbruch

Klodnitza und Gleiwitz-Kanal.


1910- Ein deutsches Vermächtnis
1910- Ein deutsches Vermächtnis

Diese Marienkapellchen stehen in allen Orten- manche tragen noch deutsche Texte und Erinnerungen. ..

Hubertushof
Hubertushof

Eine ehemals deutsche Gaststätte. Verwehte Spuren....

Gefallenen-Tafel WK1
Gefallenen-Tafel WK1

Ein außergewöhnlich gut erhaltenes Ehrenmal.



Klodnitza vor Gleiwitz
Klodnitza vor Gleiwitz

Gleiwitz
Gleiwitz

Nach knappen 50 km erreiche ich bereits Gleiwitz. Hier war vor 100 Jahren die Grenze zu Polen gezogen. Morgen früh sehe ich mir den alten Sender an, der 1939 Schauplatz der GeStaPo-Inszenierung war.

Grenzen vor 100 Jahren
Grenzen vor 100 Jahren

Gute Nacht aus Gleiwitz..

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