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Nach Auschwitz

Dienstag

Nach Auschwitz
Nach Auschwitz
Decathlon Gliwice
Decathlon Gliwice

Den morgen beginne ich wie gewöhnlich mit einem leckeren Frühstück am Hotelbuffet. Mir wird bewusst dass mit dem heutigen Tage der Höhepunkt meiner Reise bevorsteht : ich fahre nach Auschwitz ...das war vor allen Dingen das Ziel,das mich zu dieser Fahrt motiviert hat. Auf der anderen Seite mache ich mir jetzt auch meine Gedanken wie das wohl sein wird. Und ob ich mit den Richtigen Erwartungen gekommen bin...

Es wird auf jeden fall gut sein dass ich mich am abend ein bisschen sammeln kann und morgen den ganzen tag nur in Auschwitz verbringe.

Doch vorher habe ich noch einen ganzen Tag mit 80 km vor mir und den beginne ich hier in Gleiwitz mit 2 abschliessenden Erledigungen bevor och zum Sender fahre: Zuerst muss ich zu Decathlon und mir einen neuen Ersatzschlauch und neues Kettenöl besorgen. Danach habe ich versprochen einen Gleiwitzer Stein aus vergangener Heimat für Freunde mitzunehmen, ich wähle dazu den Palmenhauspark der Anfang der 1930er hier für die Öffentlichkeit eingerichtet wurde....


Denkmal für die Opfer des Totalitarismus
Denkmal für die Opfer des Totalitarismus

Am Chopin-Park steht dieses Denkmal für die Opfer des Totalitarismus. Aus moderner Lesart mögen hierin auch die Vertriebenen Schlesier von 1945 eingeschlossen sein.


Der SENDER

Früher und heute
Früher und heute
Sender Gleiwitz
Sender Gleiwitz
Am Sendeturm
Am Sendeturm

Hier wo der 2.Weltkrieg begann steht der beeindruckendste Holzturm Europas! 


Nach der Geschichte der Oberschlesienabstimmung und den Aufstände von 1922, die u.a.auf dem St.Annaberg getobt haben (Etappe 3) rückt mit Gleiwitz ja auch der inszenierte "Überfall" auf den Sender ins Bewusstsein. Von der GeStaPo geplant als Provokation, die einen Krieg rechtfertigen sollte , zumal in der aufgeheizten Stimmung hier im gespaltenen Oberschlesien, nahmen die Ereignisse zum 01.09.1939 von hier aus ihren Lauf. Am Sender zu stehen, den Ort zu erleben und wieder zu erkennen aus Film und Büchern ...das berührt und versetzt einen in nachdenkliche Minuten, die ich am Turm-Park verbringe. Die erstaunliche Höhe des Turmes zieht einen zusätzlich in Bann. Das muss 1930 eine Sensation gewesen sein! 

Ich starte von hier auf eine  sehr wechselhafte Route, die in der Form keineswegs als "Radweg" lizensiert ist. Die klassische via regia verläuft über Kattowitz, mein Ziel ist aber das KZ Auschwitz-Birkenau, wo ich  einen Tag verbringen werde.

Auf der Strecke ist wenig sensationelles zu sehen: man kämpft vielmehr wieder mit den Bodenbelägen.  Wie aus dem Nichts tauchen mal kurze Fahrradwege auf, verschwinden wieder, Bordstein sind nie ausreichend  abgesenkt, es ist etwas anstrengend. Plötzlich taucht ein Außenlager von Auschwitz auf, "Althammer", wo ich auch ein altes Marienkreuz entdecke. Die Info-Tafeln spärlich, nur auf polnisch. Der Ort vermag aber zu wirken. Eine Ahnung von dem was kommt.

Bis Mikolow steigt es heute an und auf dem gemütlichen Marktplatz mache ich eine Rast. Danach rollt es bis Tichau berab über Felder mit Blick auf Kattowitz in der Ferne. Hier kann man sogar mal beschleunigen, (aber Achtung Poller....)

Tichau ist wieder groß, laut und eigentlich nach Gleiwitz nicht so interessant, aber ein Vergleich ist doch bemerkenswert: Tichau ist die perfekt sozialistisch geplante Stadt: alles hat viel Raum, große Achsen, unzählige Plattenbauten und das führt wiederum dazu, daß ich hier am besten mit dem Rad durchkam. Endlose Fahrradwege, die durchaus Priorität haben: es gibt keine/kaum Fahrrad-Ampeln, dafür halten aber alle Autos umgehend für Radler  und Läufer: das funktioniert beachtlich. (Kaum vorstellbar nach all den Landstraßen-Rasern)

Der letzte Abschnitt hält noch ein Abenteuer bereit, denn nach einer hübschen Fahrradbrücke überein Flüsschen führte  mich die komoot-Strecke in ein Sumpf/Matsch/Abwasser-Inferno, in dem ich schließlich zu Fuß einen Singletrail suchen musste um nicht im stinkenden Matsch zu versinken. Der von schweren Fahrzeugen ungepflegt Boden hatte sich mit enormen Pfützen gefüllt und die stehende Brühe stank . Nebenan arbeitete def BergbauBagger und ich schaffteces schließlich über einen Wiesentrail wieder auf Asphalt zu kommen. 6km vor Auschwitz war dann der Weg weg: eine riesige Trasse durchschneidet den Weg, Fahrzeuge im Einsatz, also : um den Ort drum herum....

Und nach all dem stehe ich plötzlich vorm Lagerzaun und halte die Luft an.....

Auschwitz-Birkenau: ich bin am Ziel....


Gebietsabtretungen 1922
Gebietsabtretungen 1922

Auschwitz III Althammer

Mikolow


Das Matsch-Inferno im Niemandsland


Die ANKUNFT

Plötzlich in Birkenau
Plötzlich in Birkenau
Auschwitz-Birkenau
Auschwitz-Birkenau

Jetzt wird es dunkel, morgen gibt's eine ganz andere Wetterlage: Temperatursturz um über 13°C....irgendwie passend. Ich verlasse mit dem guten Wetter übrigens auch das alte Schlesien: auf den letzten km nach Oswiecim hab ich die Weichsel überquert.....

Der morgige Tag stellt auch inhaltlich eine Zäsur dar. Von Breslau über Brieg und Oppeln, wo ich die lange Geschichte Schlesiens nachvollziehen konnte, geriet mit dem St.Annaberg die nationalistische Tragödie des 20.Jhs i  Folge des 1.Weltkriegs zwischen Polen und Deutschen in den Blick, vor allem aber seit Gleiwitz jetzt die nationalsozialistische Terrorherrschaft mit ihrem Kriegsausbruch. Hier in Auschwitz endet nun nicht nur eine regionale Demarkation , sondern hier wurde eine Grenze der Menschlichkeit für immer aufs alptraumhafteste zerstört. Hier beklagt man also nicht das Ende des alten Schlesiens, sondern das Ende einer Menschheits-Ära, die Shoa, die Entfesslung der schlimmsten Verbrechen, zu denen  Menschen bislang im Stande waren. Auschwitz.

An dieser Grenze stehe ich jetzt sozusagen örtlich und möchte mich morgen darauf ganz bewusst einlassen. 

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