Mittwoch, 07.08.24
Ich habe gestern abend beim Essen mit einem netten ungarischen Pilger erfahren, dass es hier in Sahagun ein Kloster gibt, das Urkunden ausstellt über die "Halbe Strecke" nach Santiago, wodurch ich realisiert habe, dass ich tatsächlich hier rmeine Halbzeit erreicht habe! Wow!! Da macht es schon Klick im Kopf: die Hälfte aller Kilometer habe ich hinter mir......
Wie mit vielen anderen sprach ich auch mit Peter, dem Ungarn, über unsere inneren Koordinaten auf dem Weg. Er war mir gestern aufgefallen, da er gleichzeitig mit mir in die Stadt gehumpelt ist: zu meiner Verwunderung sah ich, dass er mit "Schlappen" lief, was mich an meinen Sohn erinnerte...:-)
Am Essenstisch erzählte er fdann auch, dass er sich eben neue Schuhe gekauft habe...wir kamen zu dem Ergebnis, dass eine "halbe Compostela" ja eigentlich uninteressant sei wenn man den ganzen Weg läuft. Außerdem hatte das Kloster just seit 30 min, geschlosssen....
Heute starte ich ohne Frühstück (gibts nicht in dem Hostal) und auch recht früh (7 Uhr) für meine Verhältnisse. Da ich gut geschlafen habe und gestern gut gespeist, fühle ich mich fit für eine längere Tour: heute meine erste 100er auf dem Camino (und wohl auch die einzige). Der Plan ist, zügig nach Leon zu kommen, dort etwas Zeit zum Sightseeing, vor allem der Kathedrale zu haben und dann bis Astorga weiter zu radeln. Heute ist die letzte reine Meseta-Tour und eine gute Gelegenheit, da es ein wenig weniger Hitze geben soll.
Die ersten Meter fröstele ich fast ein wenig, es sind knapp 17 Grad, gefühlt 10 ;-) die Temperaturspanne auf dem Camino ist enorm, zwischen 17 und 42 Grad bin ich schon geradelt.....
Fürs Radeln findet man auf dem Camino immer das richtige Essen: Tortilla und Omlett zum Beispiel: schön Proteine, sättigend und nicht teuer. Schon des öfteren hat mich das durch den Tag gebracht und mit einer Limo neue Kräfte geweckt.
Das ersetzt etwas die Frühstückskultur vom Anfang, da ich jetzt auch schon mal mit leerem Magen starte und mich dann umschaue. In der Frühe ist halt noch einiges geschlossen und ich helfe mir mit meinen Protein-Bars bis es was am Wegesrand gibt. So z.B. heute; mitten in der Meseta steht am Rand ein großer FoodTruck mit Zelt und Bierbänken und lädt zur Pilgerpause ein. Unwiderstehlich: Schatten, ein frisch gepresster Orangensaft (mmmmmmmmhhh) und ein Omlett....da jucken die flott gestiegenen Temperarturen kaum noch. Ich liebe diese kurzen Oasen-Stopps!
Leon
Ich komme wie geplant kurz nach 11 Uhr in Leon an und flaniere durch die schönen weiten Straßen, die Stadt empfängt mich nach den üblichen Großstadt-Kreuzungen stimmungsvoll an der alten Stadtmauer wo schon dereinst der Camino die Stadt erreichte. Von hier aus nehme ich mir Zeit und erkunde den Rathaus-Platz, den Marktplatz, entdecke Statuen der mittelallterichen Könige und komme langsam auf die breiten Einkaufsstraßen, die gut gefüllt aber nicht übervoll sind, einladend und recht "chic"....Leon hat Charme, denke ich sofort und komme langsam zur Hauptattraktion, der Kathedrale.....
Ich umrunde die Kathedrale und lasse das gewaltige Monument auf mich wirken. Jetzt also ein gotisches Meisterwerk: fertig gestellt im 14.Jh. und nach dem Vorbild von Reims konstruiert, auch wenn die Frontseite etwas anders wirkt. Ixch bin gespannt auf die Rosetten von innen, die großen Fenstereinlassungen......
Ein Vergleich mit Burgos drängt sich auf, aber dies ist ein ganz anderer Typ Kathedrale, kompakter, "klassischer"....., Burgos hingegen war ein Kathedralen-"Landschaft", ein Irrgarten der Türme und Verwinklungen zahlloser Kapellen. Hier strömt alles mehr Ruhe, mehr Klarheit aus.
Ich lasse mein Fahrrad am Seiteneingang stehen und bezahle auch hier für die Besichtigung. Statt vieler Worte, habe ich ein Video zusammen geschnitten, das hier Eindrücke vermitteln soll.......
Am Ausgang erhalte ich meinen Pilgerstempel und bin noch ganz angefüllt von Raum und Farbenpracht der Fenster. Leon hat die räumliche Spiritualität, die Burgos mitall ihrem Schmuck und Kapellenkomplex fehlt. Ich fühle mich beschenkt durch dieses gotische Licht- und Farben-Bad. Herrlich. Die Glocken läuten, es ist mittag und hinter mir wird tatsächlich die Kathedrale zur Siesta geschlossen. Perfektes Zeitmanagement denke ich mir,....
Die Strecke nach Leon ist nicht der Rede wert: ich halte mich an die fast leergefegte Landstraße, die parallel zur Autobahn verläuft, immer aufwärts in Richtung Astorga.
Einzig nenneswerter Stop auf dem Weg durch eine nun doch wieder sehr heiße Luft ist Puente de Orbigo, wo ich über die legendäre Brücke fahre...... (Video kommt)
Sehr cool diese lange Überfahrt auf schmalem Wege und altes Gestein über einen sommerlich kleinen Rio Orbigo. Das hübsche Orbigo passiere ich dann recht schnell mit dem Ziel vor Augen bald in meiner Pension anzukommen, zudem knirscht meine Gangschaltung so erbärmlich vor Meseta-Staub, dass ich dringend wieder reinigen und neu fetten muss. Also: vorwärts nach Astorga.....
BoxenStop nach der Meseta
Nachricht auf Komoot
....und dann bekam ich abends diese nette Nachricht auf komoot, wo ich meine Touren einstelle.....
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