Distanz: 95 km
ETAPPE 1- Heidenfahrt(Ingelheim) - Koblenz (Festung)
95 km
Was für ein schöner Tagesausklang für diesen Sonnentage im Sattel! Die Jugendherberge auf der Festung hat eine Sensationell schöne Aussicht auf Koblenz und bei lauer Luft und akzeptablen WLAN sitze ich nun hier und lege die Füße hoch- hoch über dem Rhein, dem ich heute durchs Mittelrheintal gefolgt bin. Eine geballte Ladung Naturschönheit mit stets ansprechender Kleinstadtkultur aus mehreren Jahrhunderten. Und dabei war hier mal der Nabel des Reichs….!
Passend zu meinem Zeitreise-Projekt nächste Woche hatte ich heute auch echt eine historische Brille auf: in fast jedem Ort Kriegerdenkmäler, Gedenken an Gefallene Helden und Mahnmale. Ob 1870/71 oder gar 1866, auch 1914-18, und bei Kaub natürlich der Preußische Übergang. Nachdenklich hat mich das Kriegsmahnmal in Bacharach gemacht: „Zur Erinnerung an jene harte doch große Zeit“ steht dort groß zu lesen. errichtet wurde das Denkmal im Juli 1914, der Weltkrieg war gerade am Ausbrechen und der Kriegerverein Bacharach beschwor die Helden der „großen Zeit ….voller Verklärung. Das wenig prunkvolle klotzartige Kriegerdenkmal aus rotem Backstein wurde dann auch später ergänzt um die Kriegsjahre, die zur Errichtung noch bevorstanden. Dann Namen und Regimenter….Eine Erweiterung für 1939-45 wurde nicht mehr daran vorgenommen. Andernorts hat man das ja oft verbunden.
In Oberwesel erwartete mich das fast identische Kriegerdenkmal mit Germania obenauf wie es auch in z.B. Wackerheim steht. Im Kaiserreich hatte dieses Modell sicher gute Abnehmer: nicht zu groß, Dorfgeeignet und daher günstiger. Daheim liegt ein neues Buch über diesen heute nahezu vergessenen Krieg Deutschlands, das ich erst angelesen habe. Mal schauend wann ich dazu komme.
Hier am Rhein haben alle Konflikte mit den Franzosen noch einen gewissen architektonischen Ort im Gedenken, von den Kriegen gegen Napoleon bis zu den Weltkriegen.
Ich glaube dass wir in eine Phase der Erinnerung an diese Ereignisse eintreten, und wir sind eigentlich mitten drin, wo vieles einer „didaktischen Reduktion“ zum Opfer fällt. Das geschieht früher oder später mit aller Geschichte, die einmal einzigartig und lebendig war. Auch Erinnerung wandelt sich. Heftigste Zeichen eines Wandels ist sicher dir „Cancel-Culture“, die von Straßennamen bis zu Denkmälern alles auf Vorlage bringt und manches dann löschen möchte. Eine Form der politischen Korrektheit, die ebenfalls nicht neu ist, und das Ganze mag sich in 100 Jahren wieder wiederholen: was gewinnt unser Erinnerung dadurch? Denn ich glaube nicht, dass unser Bewusstsein so schnell geprägt wird, wie die Moden sich wandeln…
Ich mag alte Dinge, die aus der Zeit gefallen sind, denn sie erzählen vom Wandel. Sie zeigen Alteritäten und sich fordern heraus. 1990 wurden Marx-Statuen umgekippt, kürzlich wurde dann eine neue aus China in Trier aufgerichtet. Die Alten wären mir lieber gewesen…
Soweit für heute. Koblenz leuchtet zur Nacht und ich werde jetzt schlafen gehen.
Morgen fange ich den Tag am Deutschen Eck an, noch so ein Kaiserreichs-Denkmal….
St.Goar
Ich lasse mir Zeit und genieße es bei recht wenig Tourismus hier von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu radeln. Premium-FahrradWetter!!
Der Rhein steht zwar noch recht hoch und so manche Uferpromenade ist noch Land unter, aber der Pegel fällt sichtlich . Ich musste nurcein paar kleine Umwege nehmen, etwa gleich zu Beginn vor Bingen oder in Bacharach.
Oberwesel habe ich zum Rasten genutzt und bin zu fen oberen Mauern geradelt. Traumhafter Ausblick: (letztes Jahr von der anderen Seite auf drm Rheinsteig mit den Jungs.)
Equipment sitzt fest am Rad, es rollt alles bestens. Soweit ein idealer Auftakt und ich hab die Hälfte der Tour für heute noch vor mir.
10.30h Bingen, Kulturufer
Bei traumhafter Sonne und frischer Luft mache ich einen Stop in Bingen und schaue auf die andere Seite nach Rüdesheim.
Direkt über mir die Germania, damals-1914- eines der politischsten Nationaldenkmäler gegen Frankreich. Das Lied, das dort oben bis heute eingraviert ist gehörte zum festen Repertoire in Schulen, Volksfesten und beim Militär: "Fest steht und treu die Wacht am Rhein"
Donnerstag, 22.07.2021
Nun geht es los...die erste Etappe führt mich durch bestens bekanntes , sozusagen heimatliches Terrain. Mitten durchs UNESCO-Weltkulturerbe, 87 km Premium-Urlaubsland Deutschland. Mit dem Rad bin ich in dieser Richtung zwar schon oft geradelt, aber noch nicht durchgängig. Einzeletappen, viele Wanderungen, Zugfahrten, anders herum vom MoselRadweg oder aus dem Nahetal. Jetzt mal Strecke....
Das Wetter ist wieder freundlich nach den schlimmen Ereignissen flussabwärts: das Schicksal unserer Landsleute z.B. im Ahrtal , die so schreckliche Verluste erlitten haben, so viele Vermisste, Tote.... Fährt man jetzt unter der strahlenden Sommersonne, könnte man fast ein schlechtes Gewissen bekommen: nur würde auch das niemandem helfen. Nachdem wir die Bilder der völlig überfüllten Sammelstellen mit Tausenden Privatspenden und Säcken gesehen habe, die jetzt kaum logistisch verteilt werden können, haben wir uns entschieden hier lieber mit Geld zu helfen. Das wird noch Jahre dauern....
Ich werde vor Remagen und Linz an der Ahrmündung vorbeifahren. Ob man die Rheinseite wechseln muss? ich fahre ansonsten fast durchgehend linksrheinisch.
Heute auf Etappe 1 sollte es aber einfach nur wunder bar rollen....
Distanz: 95 km
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